Osterbräuche: Es muss nicht immer die Colomba fliegen!

Autor: Martin Martschnig am 14.04.2025

Osterbräuche in den Marken
ES MUSS NICHT IMMER DIE COLOMBA FLIEGEN!

In einem von der katholischen Kirche geprägten Land wie Italien (inklusive Kleinstaat mit Hauptwohnsitz des großen Chefs) hat das Osterfest einen ganz besonderen Stellenwert. Neben den zahlreichen Prozessionen und weltweit ausgestrahlten Segnungen aus dem Vatikan spielen traditionelle Gerichte eine seelenheilbringende Rolle. Wie könnte es bei den Feinschmeckern südlich der Alpen anders sein.

Die Colomba, jener Hefeteig gewordene Friedenstaube aus dem Verwandtschaftsbereich des weihnachtlichen Panettone, ist auch bei uns schon in aller Munde. Zudem lassen Schokoladenmacher die Tradition der gefüllten Schokoladeostereier hochleben. Dünnwandigst aufgezogene Kunstwerke mit bis zu einem Meter Durchmesser (!) werden mit Überraschungen aller Art gefüllt und wie wahre Kunstwerke verpackt.



Mein kulinarisch suchender Blickwinkel fokussiert sich auf die mittelitalienische Region der Marche (Marken), wo die Crescia di Pasqua zum Osterfrühstück bzw. dem beliebten Osterpicknick gehört. Man könnte sie zu der Familie der Osterpinzen zählen, wobei ein paar für uns ungewohnte Zutaten einfließen. Das Rezept stammt von Michela und Giulia. Diese beiden Damen  (im Bild unten mit mir bei der Arbeit bei einem Winzer in Sachen Verdicchio!) organisieren für mich seit Jahren die Genussreiseprogramme in Ihrer Heimatregion, wissen so um den Stellenwert von Genuss und Tradition nur zu gut Bescheid.

Stellen wir uns also vor, wir befinden uns heute in einer Küche in der Gegend zwischen Pesaro und Urbino. Michela und Giulia (ich folgte ihrer Einladung in die Küche) haben die Zutaten bereits vorbereitet, am Tisch vor uns befinden sich:
500 g Mehl, 1 Pkg. Trockenhefe oder frische Bierhefe, 2 TL Zucker, 200 ml lauwarme Milch, 80 ml Olivenöl, 2 Eier. 10 g Salz, 150 g Grana Padana oder Parmesan (aufgerieben), 80 g Pecorino (aufgerieben)



Platzieren Sie zudem zwei Rührschüsseln vor sich. In einer werden Mehl, Hefe und Zucker vermengt. In der anderen versprudeln wir mit einer Gabel lauwarme Milch, Eier, Salz und Olivenöl, fügen nach und nach die beiden geriebenen Käse bei. Ist eine glatt verrührte Konsistenz erreicht, wird die Mehl-Hefe-Zucker-Mischung eingearbeitet und mit gut bemehlter Hand ein paar Minuten lang weitergeknetet. Wie einen normalen Germteig ca. 2 Stunden gehen lassen, das Volumen darf sich ruhig verdoppeln. In einem Kochtopf bzw. einer runden Backform noch ein wenig ruhen lassen, danach geht es für 35 Minuten bei 170 Grad in den Ofen. Die Backform sollte nicht zu breit sein (max. 20 cm Durchmesser) damit die traditionelle Form eines Schwammerls entstehen kann.

Serviert wird diese Köstlichkeit am Ostertisch mit Salami, Prosciutto, Oliven, in Olivenöl eingelegtem Gemüse, einer Eierspeise oder hart gekochten Eiern. Der beginnende Frühling lockt viele Familien mit dem Picknickkorb in die Hügellandschaft der Marken, wo diese Art der Osterjause – wie könnte es in einer Weinregion anders sein – mit einer Riserva di Verdicchio, einem Vernaccia DOCG oder einem Morro d`Alba genossen wird.



In der Macerata reicht man gerne eine Frittata con la mentuccia (am leichtesten als Omelett mit Minze zu übersetzen), in Urbino wiederum wird der erste Wildspargel der Saison in die Eimasse eingearbeitet. Geht es zu Tisch, darf das Osterlamm nicht fehlen und bei den Nachspeisen wird sowieso nie gespart.

Vor der Hingabe an die Köstlichkeiten der Region geht es zu einem der vielen Karfreitagsumzüge, die allesamt eine jahrhundertelange Tradition aufweisen und ganze Orte für Tage und Wochen mit der Vorbereitung auf Trab halten. Beispielhaft sei die Processione del Cristo Morto in Cagli erwähnt, bei der um die 500 Personen involviert sind! Diese von der Brüderschaft San Giuseppe initiierte Prozession lässt sich auf das 16. Jahrhundert zurückdatieren. Eine sehr stimmig gemachte Fotoreportage finden Sie hier: Venerdi Santo, Cagli – Reportage Foto

Bleibt mir nur mehr, Ihnen ein paar schöne Feiertage, eine BUONA PASQUA zu wünschen!

Ach ja, wenn Sie eine von mir und den beiden Damen zusammengestellte Genussreise wünschen, so sei folgender Link ans Herz gelegt: Weblink Genussreisen Marken

 


Fotos:
Michela Carbonari / Giulia Tonti / Martin Martschnig

 

 

 

Stichwort:
Italienische Küche - Rezepte
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ITALOVIEL = VIEL ITALIEN

In diesem Bereich der Website geht es gemütlich bis geschwätzig zu. In den Blogbeiträgen stelle ich italienische Produkte (Feinkost, Wein & mehr) vor, schmökere in Kochbüchern und Reiseliteratur oder berichte von Fundorten verkosteter Gaumenfreuden während meiner Reisen durch Italien.

Ein paar Gastautoren und Verlage unterstützen mich dabei, was mich ganz besonders freut. Damit wird das Themenspektrum um Lifestyle, Motoren, Film, Musik u.v.m. erweitert.

Viel Spaß beim Lesen!

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„Bustine di Minerva" hieß Umberto Ecos langjährige Kolumne und frech strich Roland Graf die Göttin des Herdes und ersetzte sie für die neue „italissimo"-Kolumne durch den Gott des Rausches. 

Der Autor (im Bild von Ch. Barz vor den besagten Bustine abgelichtet) sagt damit gleich auch etwas über sich: Er ist studierter Philosoph und Philologe (daher die Eco-Hommage!), vor allem aber Reisender in Sachen Getränken. 

Stand zu Beginn vor allem die Berichterstattung über Winzer im Mittelpunkt, erweiterte sich der Schwerpunkt seiner Artikel - in „Mixology", „Cigar Journal", der ÖGZ sowie dem FALSTAFF - auf die Themen Bier, Spirituosen und Bars. 

Nachzulesen, neben dem Italien-Blog Ihres Vertrauens, ist das auch alle zwei Tage aktualisiert unter www.trinkprotokoll.at.

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Christoph Cecerle macht vor keinem fahrbaren Untersatz halt und hält sich dabei ausnahmslos an italienische Fabrikate. Ob im Rennsportsitz eines Abarth, auf dem Sattel einer Moto Guzzi oder Vespa oder verdecklos im Cinquecento, der Mann testet alles, war zwei bis vier Räder hat.

Seine Testberichte sind derart genussvoll, daß ich nicht anders konnte, als ihn auf italissimo.at einzuladen. Wer mehr von ihm lesen will, dem sei sein Blog mipiace.at ans Herz gelegt, wo es auch schon einmal um Mode und Genuss im engeren Sinne gehen kann.