Bustine di Bacco - Herrn Grafs italienische Trinknotizen / Folge 11
"MASI”-VE NEUIGKEITEN:
DER TRAUBENTROCKNER LÄSST ES NUN AUCH PRICKELN
Die Vorbereitungen im Vaio dei Masi im Herzen des Valpolicella-Gebiets laufen: 2024 wird die 252. Ernte, die von der Familie Boscaini eingebracht wird. „Masi” gehört damit zu den großen Namen des italienischen Weinbaus. Markenzeichen der seit 1772 aktiven Winzer-Dynastie ist zweifellos der Amarone mit seinen getrockneten Trauben („appassimento“). „Doch so kennt man uns eher nicht“, leitet Raffaele Boscaini die aktuelle Verkostung ein – es wird weiß und prickelnd!
Das Veneto ist zwar die Heimat von „Masi”, doch getrunken werden die intensiven Rotweine der Gruppe heute in 140 Ländern. Der Exportanteil von 72% unterstreicht die Rolle als „global player”. Und als solcher weiß man auch die Zeichen der Zeit zu deuten. Kräftiger Rotwein hat es zunehmend Schwerer, dafür sind Rosés und „Sprudel“ (alias „bollicine”) aktuell Wachstumskategorien. Dementsprechend hat sich Masi in den letzten Jahren in diese Richtung erweitert. Schaumweine von Canevel in Valdobbiadene und Conte Federico Bossi Fedrigotti (im Trentino) gehörten bereits zum Portfolio.
Ein bisserl trocknen kann auch nicht schaden
Neues kommt aber in Form eines Weißweins ins Glas, den Masi intern auch „Supervenetian“ nennt – eine unverhohlene Anspielung auf die roten „Supertuscans“ der 1990er Jahre. Beim „Masianco” 2023 schimmert auch noch „unsere Expertise“ – Signore Boscaini meint das Trocknen der Beeren – durch. Er wird als Pinot Grigio geführt, weist aber auch einen kleinen Anteil von Verduzzo-Trauben auf, die getrocknet werden. Es ist eine leichte Reife-Injektion, die der 2023er dadurch erfährt.
In der Nase äußert sich das Verfahren in einem blumigen Oberton des ansonsten zitisch-frisch wirkenden Weißweins. Zum Apfel-Geruch und einem Alzerl Grapefruit gesellt sich nämlich auch Osmanthus. Mit etwas Luft (Karaffieren ist kein Fehler!) entwickelt sich auch der Geruch von grünen Birnen klarer. Im Mund vereinen sich ebenso Säure und Volumen, geschmacklich darf man einen Mix aus Quitten und Birnenschalen erwarten. Denn der Gerbstoff des 2023er „Masianco“ ist ausgeprägt. Die Säure hält aber gut dagegen und erinnert mit der knackigen Art beinahe an Verjus; auch hier sind es grüne Frucht-Noten und Kräuter, die den Raum einnehmen. Man könnte diesen Pinot Grigio quasi am anderen Ende des Spektrums von Masis berühmten roten Weinen wie dem „Costasera“ verorten. Und er bleibt nicht der einzige „Bianco“.
Aus Brescia, ohne Bremse: Pfirsich legt los!
Denn auch der Boom des „Lugana“ am Gardasee ist den Boscainis nicht entgangen. Ihr Beitrag dazu nennt sich „Beldosso“ und stellt einen Trebbiano in Reinkultur und Bio-Qualität dar. Auch der Wein mit dem weißen Engerl als Logo stammt aus dem Jahrgang 2023. Mit einem Hauch von Maischegärung legt der Wein los. Die Nase meldet eine Mischung aus Blätterteig und Apfel. Spannend integriert sich dder Holzfass-Ausbau (zwei Monate in französischer Eiche, denen vier Monate im Edelstahl folgen). Mit einer süßen Röstnote erinnert der Duft schon frappant an Ferrero „Rocher“.
Besonders attraktiv an diesem Trebbiano wirkt aber der Pfirsich-Touch. Er folgt auf eine anfangs verhaltene Art, die mehr Struktur, namentlich herbe Noten und feine Mineralik, spüren lässt und keine Fruchtigkeit. Dieser Wein sollte sich daher auch öffnen dürfen im Glas. Dann kommt besagtes Steinobst, mit mehr Zeit aber auch noch mehr an expressiver Frucht. So spart sich der „Beldosso“ für das große Finale auch einen Schwung an Bergamotten auf. Spannend wird sicher, was hier noch in den Folgejahren kommt!
Mann, Martinotti! Der “orange” Rosé-Novize
Am meisten aber überraschte die nicht von ungefähr „Masi unexpected“ getaufte Kostabfolge aber mit den Schaumweinen. Klassisch nach der Tankmethode (alias „metodo Martinotti“) vergoren, gibt es unter dem Label „Moxxé” einen Rosé, der wunderbar in die Zeit passt. Denn man hat sich einem sehr trockenen Stil verschrieben und auch bei der Farbe nicht nachgeholfen, wie es das ins Korallenrot („corail“) verliebte Rosé-Land Frankreich gerne tut. Vielmehr wurde hier eine Weißweinsorte mit rötlichen Schalen – der Pinot Grigio nämlich – teilgetrocknet und stärker ausgelaugt, um den feinen Lachs-Ton zu erzielen.
Ja, recht blass kommt dieser 2023er ins Glas, bietet aber volle Aromen-Power. Himbeere pur steigt einem in die Nase, aber auch die frische Fruchtigkeit von Maracuja und roten Johannisbeeren ist zu riechen. Eine Angst vor hoher Dosage braucht man trotz dieser olfaktorischen Intensität nicht haben. Cremig und druckvoll rollen nämlich andere Früchte über den Gaumen. Es ist ein Korb an Zitrusfrüchten, die bar jeder Süße Eindruck machen. Es ist kein lauter Schäumer, eher ein eleganter Typus, den man hier im Glas hat. Und vor allem einer, der mit etlichen Gerichten fast mehr Spaß macht als im Apéro-Glas. Dort ist er fast unterverkauft. Zu einer Ceviche, Lachstartar, vor allem aber nahezu rohen, süßen Garnelen hat der rosa „Moxxé” seine Sternstunde.
Drei Jahre Warten auf “königliche” Premiere
Das Sprudel-Vergnügen wird seit heuer aber sogar noch gesteigert. Königlich nämlich. Montecalvo Versiggia ist die Heimat der Pinot Nero-Trauben für den „Moxxé del Re” 2020. Die kalkreichen Böden und die Nordlage prädestinieren diesen Teil des Oltrepò Pavese zum gelobten Land der Burgunder-Sorte. Der erstmals gefüllte 100%ige Pinot-Sekt wurde zudem nach klassischer Methode in der Flasche versektet. Das merkt man bereits optisch am Druck dieses Schaumweins: Die Perlage schiebt für das Auge schon sichtbar an. Sechs Atmosphären nach dem 36 Monate währenden Hefelager sind schließlich kein Lercherl! Der Duft des „Moxxé del Re” befördert eine fast herbale Frische ans Riechorgan – man denkt an Ananas und Melisse bei diesem Auftakt. Die anfangs leichte Süße macht dann bereitwillig Platz für einen fruchtigen Mittelteil, in dem Ribisln die rote Rebsorte geschmacklich „verraten“.
Engmaschig, von Kohlensäure und Zitrusfruchtigkeit getrieben und mit einem Geschmack nach Blutorange prägt sich der „Moxxé del Re” ein. Zart herb verrichten sodann die vereinten Agrumen ihr geschmackvolles Werk. Die Folge? Der so wertig unterhaltene Gaumen verspürt Hunger. Nach mehr Pinot Nero, aber auch nach Essen. Hier gibt es eine klare Empfehlung: Dieser Schaumwein begleitet ein saftiges Carpaccio perfekt. Und es ist kein Zufall, dass auch Raffaele Boscaini zum Abschluss durchblicken lässt, dass man von diesem Edelstoff aus dem Oltrepò Pavese künftig gerne mehr abfüllen will. Wir sind jedenfalls dabei!
Wo bekomme ich die?
Den „Masianco” Pinot Grigio delle Venezie DOC 2023 von Masi Agricola gibt es um 12,06 Euro im Versand bei Vinorama, www.vinorama.at
„Beldosso” Lugana DOC (bio) 2023 ist um 16 Euro erhältlich, der „Moxxé” Rosé Spumante Brut Ramato 2023 kostet 13 Euro und der „Moxxé del Re” 2020 wird um 22 Euro im Webshop „Enoteca Masi” angeboten, www.enotecamasi.it
Fotoquelle/Fotorechte:
Masi
Stichwort:
Italienische Weine, Spumante, Spirituosen & Weinführer