Lorenzo Spirito - Das Buch der Schicksale

Autor: Martin Martschnig am 5.12.2019

Buchtipp: Lorenzo Spirito - Das Buch der Schicksale
WÜRFEL-LONGSELLER AUS DER RENAISSANCE



Hätte jemand Lorenzo Spirito beim Erscheinen seines Buches 1482! vorausgesagt, daß es ein Longseller handelt, den man  im 21. Jahrhundert zur Neuauflage bringen wird, er hätte es möglicherweise geglaubt. Handelt es sich doch beim "Buch der Schicksale" um ein Wahrsage- und Würfelbuch, das 20 zentrale Fragen des Lebens beantworten kann!


Dabei war es "zuletzt" ruhig geworden um das streitbare Buch. Die letzten beiden der bisher 50 Auflagen liefen 1686 bzw. 1698 aus den Anfängen der Druckmaschine. Kurioserweise gab es darunter keine deutsche Ausgabe. Doppelt kurios, da sich das einzige erhaltene Exemplar des Erstdrucks von 1482 in der Stadtbibliothek Ulm befindet. Von dort kamen auch die Scans des Originals für die Arbeit an dieser Edition, derer sich - einen Tipp von Vertrauten folgend - dankenswerterweise der Folio Verlag angenommen hat. 

Ein Zeitdokument sondergleichen, das uns ums Schicksal würfeln lässt (drei Würfel werden mitgeliefert, womit eine Ausrede weniger der Wahrsagerei im Wege steht!). Ein sogenanntes Losbuch - "sie handeln als libri delle srti vom Los als dem eher zufälligen Schicksal, da nicht vorhersehbar und oft gleichwohl erbarmunglos ist." Man könnte es als eine Art Horoskop betrachten, das man zumindest teilweise selbst in der Hand hat. Oder eben auch nicht! Der Blick gilt nicht den Sternen, sondern dem Bild der Würfel, wobei ...

Wahrsagebuch Losbuch Das Buch der Schicksale

Gefinkelt wird man als Fragender über das Rad der Fortuna (Achtung: Fortuna verteilt nicht nur das Glück, sie entzieht es auch!) zum Spielball einer der 20 Könige, die einen zu einem bestimmten Zeichen schicken. Dort glaubt man die Sache selbst in der Hand zu haben, würfelt und bekommt über die Augenzahl den Weg zum Orakel gewiesen. Der nächste Hinweis versteckt sich in einem, dem Horoskop schon sehr nahen - und großteils nach den Sternzeichen benannten - Kreisgebilde, welches nach Flüssen benannt ist. Ebendort findet man den Hinweis auf den "zuständigen" Propheten, der genau eine Antwort auf die Frage des Spielers bereit hält. 

Und die kann es in sich haben. Teils mystisch, teils derb, dann wieder erotisch unterlegt, was die Prognosewirkung mit Tabubrüchen zu würzen weiß. Es kann also heiß hergehen - schicksalhaft eben. Die Weitsicht des Autors findet man zudem in manch erheiterndem Tabubruch, wenn z.B. einer der Propheten davor warnt, sich auf seiner Reise von einem Priester begleiten zu lassen. Aber stets in einem dreizeiligen Vers, für dessen literarische Großleistung bei der Übersetzung man Werner Menapace nicht genug danken kann.

Fazit: Ein sehr unterhaltsam und wunderschön gedrucktes Buch. Eine echte Empfehlung als Weihnachtsgeschenk an jemanden, mit dem/der man in Freundesrunde Silvester feiern wird.
Vergessen Sie dieses Jahr das Bleigießen und holen Sie die Würfel raus!



Autor und Übersetzer
Der Autor Lorenzo Spirito, geboren 1422/1425 in Perugia, dort 1496 verstorben. Steht zunächst im militärischen Dienst von Söldnerführern, übernimmt nach 1454 öffentliche Aufgaben in Perugia und beginnt Miniaturen zu malen und zu schreiben – von ihm stammt die zweite Übersetzung der Metamorphosen des Ovid ins Italienische.
Der Übersetzer Werner Menapace, geboren 1950, lebt in Südtirol. Übersetzt literarische und humanwissenschaftliche Texte, gewann dreimal den Internationalen Literaturpreis Merano – Europa in der Sparte Übersetzung. Veröffentlicht eigene Gedichte.


Lorenzo Spirito - Buch der Schicksale


Kaufbar bei:
Im gut sortieren Buchhandel oder online unter 
Das Buch der Schicksale: Ein Würfellosbuch





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Roland Graf im Blog auf italissimo- Bustine del bacco

Bustine di bacco

„Bustine di Minerva" hieß Umberto Ecos langjährige Kolumne und frech strich Roland Graf die Göttin des Herdes und ersetzte sie für die neue „italissimo"-Kolumne durch den Gott des Rausches. 

Der Autor (im Bild von Ch. Barz vor den besagten Bustine abgelichtet) sagt damit gleich auch etwas über sich: Er ist studierter Philosoph und Philologe (daher die Eco-Hommage!), vor allem aber Reisender in Sachen Getränken. 

Stand zu Beginn vor allem die Berichterstattung über Winzer im Mittelpunkt, erweiterte sich der Schwerpunkt seiner Artikel - in „Mixology", „Cigar Journal", der ÖGZ sowie dem FALSTAFF - auf die Themen Bier, Spirituosen und Bars. 

Nachzulesen, neben dem Italien-Blog Ihres Vertrauens, ist das auch alle zwei Tage aktualisiert unter www.trinkprotokoll.at.

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Christoph Cecerle macht vor keinem fahrbaren Untersatz halt und hält sich dabei ausnahmslos an italienische Fabrikate. Ob im Rennsportsitz eines Abarth, auf dem Sattel einer Moto Guzzi oder Vespa oder verdecklos im Cinquecento, der Mann testet alles, war zwei bis vier Räder hat.

Seine Testberichte sind derart genussvoll, daß ich nicht anders konnte, als ihn auf italissimo.at einzuladen. Wer mehr von ihm lesen will, dem sei sein Blog mipiace.at ans Herz gelegt, wo es auch schon einmal um Mode und Genuss im engeren Sinne gehen kann.