Buchvorstellung: Friaul für alle Jahreszeiten
GESCHICHTE, GESCHICHTEN & GSCHICHTERLN
Eigentlich verdienen die beiden ja schon längst einen Orden. Gisela Hopfmüller und Franz Hlavac kann man getrost den Titel von Informationsbotschaftern der Region Friaul im deutschsprachigen Raum verleihen. So versorgten Sie uns mit Friaulwissen in zwei Auflagen ihres Bestsellers "Unser Friaul", "Friaul erleben" und für mich als Genussmenschen und Hobbyherdakrobat mit dem Kochbuch "Unsere Friaul-Rezepte".
Mit dem seit wenigen Wochen vorliegenden, äußerst handlichen und handschuhfachtauglichen (wichtig für den Entdeckungsreisenden) Band "Friaul für alle Jahreszeiten" zerstückeln sie die Region in zwölf mit jeder Menge Kultur & Geschichte gespickten Reisehappen - oder Kulturwanderungen, wie es die Autoren selbst nennen.
Da werden jede Menge Begebenheiten aus den letzten 2000! Jahren aufgetischt, lustvoll Querverweise erstellt. Dies darf bei einem Pärchen, das aus einem studierten Zeitgeschichtler und einer ebensolchen Kunstgeschichtlerin besteht, nicht verwundern. Man spürt zwischen den Zeilen noch die Recherchelust und das Findenwollen von interessanten, kuriosen und oft überraschenden Details der Geschichte.
So erfährt man im Udine gewidmeten Kapitel von der Möglichkeit (ein genannter englischer Literaturprofessor forschte nach), daß die Vorlage der Romanfiguren Romeo und Julia nicht in Verona lebten und dort regelmäßig Balkonszenen inszenierten, sondern von zwei sich so gar nicht schmecken könnenden Adelsfamilien aus der Provinz Udine stammten und im wahren Leben Lucina und Luigi hießen. Diese "Gschichterln", die womöglich keine sind, machen die Lektüre für mich trotz geballter Informationsflut sehr unterhaltsam und kurzweilig.
Oder, daß sich in einer Kirche in Valvasone eine originalgetreu restaurierte venezianische Orgel aus dem 16. Jahrhundert hinter von Pordenone gemalten Holztafeln versteckt. Bei der Recherche für meine Genussreisen hatte ich vor wenigen Jahren das Glück (oder vielmehr den Tourismusverantwortlichen von Pordenone bei mir) dieser Orgel lauschen zu dürfen - Gänsehautgarantie!
Die Kulinarik spielt dieses Mal keine ganz so prominente Rolle, dennoch finden sich vereinzelt Hinweise auf traditionelle Speisen und noch traditionellere Trattorien, wo man diese kosten könnte. Wandern macht bekanntlich hungrig. Als Genussmenschen mit festem Wohnsitz im Friaul (die sie nun einmal sind) konnten Sie aber kein Buch ohne sachdienliche Weinhinweise schreiben.Und so beschließt ein kleines Kapitel mit den Eigenheiten dieser unserer Weinsehnsuchtsregion das Buch, womit man bei Zwischenstopps beim Winzer gut vorgebildet um ein Glaserl bitten kann, zu dem sicher Formaggio und ein wenig Prosciutto gereicht werden ...
Kaufbar bei:
Im gut sortierten Buchhandel oder
online beim Verlag
Fotoquelle und -rechte:
Gisela Hopfmüller
Franz Hlavac
Fotos von oben nach unten:
Insel Mota Safon (Pasolinis Insel) in der Lagune von Grado
Haus des Boxers Primo Carnera in Sequals
Pordenone