Kochbuchvorstellung: Anna Matscher
VON HANDMENSCHEN & LÖWEN
Das Kochbuch der Südtiroler Sterneköchin Anna Matscher ist zwar keine Buchneuheit (erschien bereits im Herbst 2017), wurde von mir aber in Sachen Rezension terminlich bewußt an den Jahreszeitenwechsel Frühling/Sommer verschoben.
Die Rezepte stimmten mich beim ersten Lesen derart frühlingshaft bis sommergefühleinflösend, ich konnte daher keine Kritik zur Vorweihnachtszeit bringen. Zudem ist dieses Kochbuch mehr als das, es ist eine Kochbuchbiografie! Gabriele Crepaz interviewte und speiste mit Anna Matscher mehrmals, woraus sich ein paar ganz wunderbare Seiten biografischen Zuschnitts ergaben.
Mein Tipp: Blättern Sie bitte zuerst auf Seite 197 und genießen Sie die knapp 20 Seiten Lebenslauf, bei dem so einiges läuft und dies scheinbar ohne Hast oder Ruhe. Martin Kerres vom Weingut Valdonica in der Maremma würde sagen: "wichtig ist der Flow ..." Vertrauen Sie mir, Sie werden die Rezepte danach ganz anders lesen, erschmecken und nachkochen.
Beinahe schon genial die Aussage der Autorin über die erste Sterneköchin Südtirols: "Das ist Anna für mich: ein Handmensch". Fußt darauf, daß Anna Matscher ihr Leben immer selbst in die Hand genommen hat, "Hauptsache es gibt etwas zum Kneten" - und das wortwörtlich!
So strebte sie zuerst die Ausbildung in einer Konditorei an (was die Mutter nicht goutierte), also kam Sie auf Umwegen zur Massage und damit von Südtirol nach Wien, wo Sie bei Willi Dungl die Massageausbildung absolvierte und mit dessen ganzheitlicher Gesundheitspflege in Berührung kam. Finanziert hat sie sich die Ausbildung mit der Haushaltsführung inklusive der Zubereitung der Mahlzeiten bei einer Artzfamiie.
Womit sich der Weg langsam herauskristallisierte und sie nach der Rückkehr in die Heimat dem Bauchgefühl folgend ins Gastgewerbe einstieg. Der Rest ist die Geschichte einer Köchin mit Hang zu frischer Zutat, die sie mit einer Brise Bodenständigkeit zu einem gourmettauglichen Ganzen formt und seit Jahrzehnten auf den Teller bringt.
Die Rezeptsammlung vor jener eingangs erwähnten Seite 197 erzählt diese Geschichte anschaulich. In der Produktauswahl und einer gewissen Vorliebe für ein Getier spiegelt sich eine weitere Anekdote aus dem "Lebenslauf" - sie war nicht immer schon Fischesserin, so viel sei verraten.
Zutatenzusammenstellung und Kochanleitung sind übersichtlich, dennoch eher für engagierte HobbyköchInnen zu empfehlen, die aber sehr viel kulinarischen Spaß damit haben werden. Die Gliederung der Rezepte folgt den Jahreszeiten. Fast logisch, wenn jemand in seiner Küche derart auf die Saisonalität achtet ("Im Winter gibt es keine Tomaten." Höchstens getrocknet.).
Insgesamt eine sehr leicht anmutende Küche, die mir wie gemacht für Frühling und Sommer scheint. Man denke an den Brennesselflan mit jungem Gemüse und Pecorino-Fonduta, die Sardinentarte mit Peperoni-Tomaten-Creme, ihre herrlich gefüllten Teigwaren, für die es auch schon einmal frühherbstlich sein darf (Cannelloni mit Bio-Gänseleber und gebratenen Steinpilzen).
Fazit: Eine kulinarische Reise ins Südtirol mit zutatenmäßigen Wechselspiel alpinen An- und mediterranem Ausklangs.
Wichtig: Sollten Sie bei Anna Matscher im Restaurant "Zum Löwen" vorbeischauen, bitte niemals die Knödel mit dem Messer schneiden ...
Anna Matscher
Schnittlauch statt Petersilie
Folio Verlag
Erschienen am 10.10.2017
Kaufbar bei:
Im gut sortierten Fachhandel oder am besten
in meinem Lieblingskochbuchladen in Wien:
Babette`s
1010 Wien, Am Hof 13
1040 Wien, Schleifmühlgasse 17
Telefon: 01/585 51 65
Selbstverständlich mit Webshop, in diesem Fall:
Anna Matscher - Schnittlauch statt Petersilie
Fotonachweis:
Michael Schinharl