Kochbuchtipp: Eataly - Moderne Italienische Küche

Autor: Martin Martchnig am 31.10.2017

Kochbuchtipp: EATALY - Moderne Italienische Küche
SLOWFOODISCH FLOTT KOCHEN VON & MIT OSCAR FARINETTI



Dem Herrn wird so schnell nicht fad. Man fragt sich sogar, wie er derart viele Projekte in so kurzer Zeit auf die Beine stellen kann. Natürlich legt er nicht überall selbst Hand an (obwohl, was man so hört ...), doch muss man auch als Impulsgeber und Vorantreiber da erst einmal die Übersicht bewahren.

Die Rede ist von Oscar Farinetti, einem Piemonteser DOCG. In eine Lebensmittelhändlerfamilie hineingeboren gründete er 2004 EATALY mit dem Ziel, hochwertige Nahrungsmittel zu günstigen Preisen an den qualitätsbewußten Kunden zu bringen. Schnell ging dies über italienische Grenzen hinaus und so gibt es heute weltweit 38 EATALY-Filialen (darunter auch New York, Tokio, Seoul, Istanbul und München - wann Wien folgt bleibt noch ein Geheimnis). In wenigen Tagen (am 15.11.2017) eröffnet der mit FICO (Fabbrica Italiana Contadina) eine Megaprojekt in Sachen Slow Food vor den Toren Bolognas mit Showküchen, 40! vor Ort produzierenden Betrieben, Educationals, Lokalen und Einkaufsmögichkeiten.

Und jetzt auch noch ein Kochbuch, das in seinen Ausmaßen schon eher Richtung Kochbibel geht, mit über 1,5 kg Trockengewicht eine gewichtige Rolle in den Kochbuchregalen italophiler Kochlöffelschwenker spielen wird. Wie schon beim Supermarktkonzept auch hier der Wunsch, ein neuen - wenn Sie so wollen - von Nachhaltigkeit inspirierten Weg zu beschreiten.



Basis ist natürlich die Italienische Küche mit all ihren Traditionen und regionalen Besonderheiten. So stellt Oscar Farinetti schon im Vorwort klar: "Die italienische Küche ist in den Familien entstanden, sie ist also Hausmanskost, bodenständig und regionsbezogen. Die Fülle traditioneller italienischer Rezepte sucht in der Welt ihresgleichen".

Aus dieser Fülle schöpft er, wenn in der nun vorliegenden Rezeptsammlung der slowfoodischen Art der Versuch unternommen wird, eine "Moderne Italienische Küche" vorzustellen. Unterstützt von ChefköchInnnen aus dem trattorienhaften Olymp der italienischen Gastlichkeit werden die Gerichte frisch belüftet und in neue, oftmals leichtere Formen gebettet, ohne Verrat am Original bzw. der Küchentradition zu begehen. Der Geschmack soll erhalten bleiben, die Annäherung ans Gaumenerlebnis aber in moderner Form erfolgen

Die vom Layout her klare Rezeptführung, die schnörkel- und zeitlos elegant wirkende Buchgestaltung gehen mit der Grundphilosphie dieses Kochbuches einher. EATALY will die Italienische Küche einfach und schnell ermöglichen. Sein Publikum - und das sind nun einmal wir - findet leider nicht immer die Zeit, stundenlang am Herd zu stehen, will aber trotzdem Genuss am Teller! Darin liegt für mich die wahre Modernisierung, womit ein neues Standardwerk in direkter Nachfolge des Silberlöffels gelungen sein könnte.



Ein weiterer, wichtiger Punkt - und da geht es ganz klar Richtung Slow Food - sind ihm die Zutaten. So bezeichnet er die besten Küchenchefs, die er kennenlernen durfte vor allem als "Zutatenexperten". Dem trägt er wunderbar Rechnung, in dem er die Rezepte mit einer Dreifaltigkeit aus "Hinweis, Tipp und Weinbegleitung" geschickt garniert.

Diese finden sich am Seitenende des jeweiligen Rezepts. Bei den Hinweisen werden Produkte vorgestellt und erklärt, womit man schon einen kleinen Ratgeber italienischer Lebensmittel als APP gestalten könnte (ich muss ihn gleich einmal in Sachen Verwertungsrechte kontaktieren ...). Die Tipps sind als "kleine Helferlein in der Küche" konzipiert, erklären z.B. die Zubereitung von Fonds, skizzieren Varianten der Gerichte oder präsentieren Serviervorschläge. Wie wichtig ihm das Thema Wein ist, kann man daran ablesen, das es wohl weniger als 20 Rezepte auf den ersten 520 Seiten ohne Weinempfehlung gibt.

Zwischendrin' immer wieder kleine Exkurse über den Ursprung des großen Geschmacks italienischer Gerichte. So wird die Vielfalt der Salumi, die Welt der Füllungen der Pasta fresca, die Unterschiede von römischer versus neapolitanischer Pizza oder Herstellung von Gelati seitenweise vor den Vorhang geholt. Klassische Atmosphärenverstärker, die die Lust auf Italien und seine Küche unverschämt anheizen - was mir bewußt macht, welch' Glück ich habe, im Brotberuf Genussreisen nach Italien zu organisieren.

EATALY - Moderne Italienische Küche Oscar FarinettiAm Ende des Buches noch ein vierzigseitiges! Glossar, das die schon angesprochene Vielfalt der Salumi, Pasta in allen Formen, Reissorten, Fische, Gemüse, Kartoffelarten, Hülsenfrüchte, die Brot- und Käsewelten kurz und bündig erklärt und einen damit zum wiederholten Male auf eine kleine italienische Reise schickt. "Laß diese Reise niemals enden /
Das Tun kommt aus dem Sein allein .." wie es Falco in "Junge Römer" nur zu bezeichnend formuliert hat.

Dem ist nicht mehr viel hinzuzufügen, außer eine kleine Kritik, die ich mir als Italienliebhaber erlaube. Warum entschied man sich in der deutschen Ausgabe für den Weg, den Namen der Gerichte nur in deutscher Sprache aufzuliefern? Meiner Meinung nach hätte - gerne auch in kleinerem Schriftsatz - der italienische Titel diese Genusssache vollendet, bringt doch der Klang der Sprache schon das kulinarische Blut in verzückende Wallung. Motzen auf hohem Niveau, keine Frage - womit ich mich ans Rühren eines herbstlichen Rotweinrisottos mache (Seite 172), eine Barbera d`Alba (wo Oscar Farinetti 1954 das Licht der Welt erblickte) im Glas ...

Erschienen im:
Verlag PHAIDON
568 Seiten, Hardcover
300 Abbildungen

Erscheinungstermin:
7. September 2017

Fotocredit:
 "© Piermichele Borraccia"

Kaufbar bei:
Im gut sortierten Buchhandel oder
bei meinem Lieblings-Kochbuchladen in Wien:

Babettes
Schleifmühlgasse 17
1040 Wien
oder online in deren gut sortierten Webshop:
EATALY - Moderne Italienische Küche


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Roland Graf im Blog auf italissimo- Bustine del bacco

Bustine di bacco

„Bustine di Minerva" hieß Umberto Ecos langjährige Kolumne und frech strich Roland Graf die Göttin des Herdes und ersetzte sie für die neue „italissimo"-Kolumne durch den Gott des Rausches. 

Der Autor (im Bild von Ch. Barz vor den besagten Bustine abgelichtet) sagt damit gleich auch etwas über sich: Er ist studierter Philosoph und Philologe (daher die Eco-Hommage!), vor allem aber Reisender in Sachen Getränken. 

Stand zu Beginn vor allem die Berichterstattung über Winzer im Mittelpunkt, erweiterte sich der Schwerpunkt seiner Artikel - in „Mixology", „Cigar Journal", der ÖGZ sowie dem FALSTAFF - auf die Themen Bier, Spirituosen und Bars. 

Nachzulesen, neben dem Italien-Blog Ihres Vertrauens, ist das auch alle zwei Tage aktualisiert unter www.trinkprotokoll.at.

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Mipiace.at Christoph Cecerle

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Christoph Cecerle macht vor keinem fahrbaren Untersatz halt und hält sich dabei ausnahmslos an italienische Fabrikate. Ob im Rennsportsitz eines Abarth, auf dem Sattel einer Moto Guzzi oder Vespa oder verdecklos im Cinquecento, der Mann testet alles, war zwei bis vier Räder hat.

Seine Testberichte sind derart genussvoll, daß ich nicht anders konnte, als ihn auf italissimo.at einzuladen. Wer mehr von ihm lesen will, dem sei sein Blog mipiace.at ans Herz gelegt, wo es auch schon einmal um Mode und Genuss im engeren Sinne gehen kann.