Italienische Filmreihe im Filmmuseum Wien
ROM - EINE STADT IM FILM, 1945 - 1980
Wann: 8. Jänner - 11. Feber 2016
Eine der großen Metropolen des alten Europa ist Schauplatz der ersten Filmmuseum-Retrospektive im neuen Jahr: Rom, die sprichwörtlich „ewige", in antike wie neuzeitliche Mythen eingesponnene Stadt. Im Licht dieser Filmschau wird Rom jedoch ganz gegenwärtig und konkret, als Lebensraum und als gesellschaftlicher Brennpunkt in der Nachkriegsentwicklung Italiens. Die Ära von 1945 bis 1980 repräsentiert zugleich das Goldene Zeitalter des italienischen Kinos – und Rom war nicht nur dessen Produktionszentrum, sondern auch ein bevorzugter Austragungsort jener Erzählungen, die das Massenpublikum gierig aufsog: Die soziale Realität und die Öffentlichkeit des Mainstreamkinos waren damals, vor dem Siegeszug des Privatfernsehens, noch innig aufeinander bezogen.
Die Stadt und ihre zeitgenössischen Wandlungen wurden von den großen „Künstler-Regisseuren" wie Fellini, Antonioni und Pasolini ebenso in Bilder gefasst wie von den Genies der Komödien-Industrie (Mario Monicelli, Dino Risi oder Ettore Scola), aber auch von Filmautoren wie Luciano Emmer, Mauro Bolognini oder Pietro Germi, deren Werk größtenteils noch zur Wiederentdeckung ansteht. Ihre Rom-Projektionen sind bevölkert von einer reichen Galerie charakteristischer Menschentypen – und von Ausnahmedarstellern wie Marcello Mastroianni und Anna Magnani, Vittorio Gassman und Monica Vitti, dem Komiker-König Totò sowie Alberto Sordi, schauspielerischer Inbegriff des uomo italiano der Nachkriegsdekaden.
Sordi ist es auch, der die Schau vom Neorealismus der Nachkriegsjahre (Sotto il sole di Roma) über die Blütezeit der Commedia all'italiana (mit ihren satirischen und zornig-melancholischen Blicken auf Wirtschaftswunder, urbanes Wachstum, eskalierendes Konsumdenken und damit einhergehende Entfremdung) bis hin zu Visionen des völligen Versagens führt. Luigi Comencinis L'ingorgo (1979) mit seinem rasenden Stillstand im Stau bildet den Schlusspunkt der Retrospektive: Ein All-Star-Cast findet sich gefangen auf der (als eigentliche Stadtgrenze geltenden) Ringautobahn GRA um Rom – die „geschlossene" Stadt als allegorischer Kontrapunkt zum historischen Einstieg, Roberto Rossellinis Klassiker Rom, offene Stadt (1945).
Rossellinis ungeschminktes Porträt von Zertrümmerung und menschlicher Not war mitbestimmend für den Welterfolg des neoverismo. Die romanità fascista blieb indes prägend für die Stadt: Das Mussolini-Regime hatte Rom zum repräsentativen Schaufenster gemacht, das Zentrum durch Kahlschlag auf solitäre Monumente der Antike zugespitzt und die unerwünschten Armen an die Peripherie zahlreicher Schlichtbau-Borgate(„Vorstadt-Dörfer") umgesiedelt. Als Millionen aus dem armen Süden nach dem Krieg nordwärts strömten, setzte sich der Trend fort: Wohnungsnot und illegale Spekulation sind der historische Hintergrund für Dramen (Roma ore 11) wie für Komödien (etwa Totò cerca casa, wo Totò unter anderem im Kolosseum einzuziehen versucht). Indessen liefert Luciano Emmers Domenica d'agosto mit seinen Sonntagsausflüglern am Strand von Ostia einen Querschnitt der römischen Volkskultur, während Fellinis Fake-Fotoromanzi in Lo sceicco bianco oder Antonionis Fallstudie über ein Filmsternchen, La signora senza camelie, solch realen Rom-Bildern schon in den frühen 50er Jahren die falschen Versprechen neu geschürter Eskapismus-Fantasien entgegenhalten.
Mehr zur Filmreihe, sowie das genau Filmprogramm ...
Fotoquelle:
Filmmuseum Wien
1. Foto aus Una vita difficile
2. Foto aus La dolce vita