Paradiso di Pocenia - Trattoria Al Paradiso
ZARTER GEHT NICHT - WIRKLICH NICHT!
Nachdem ich nun schon seit Jahren für meine Kunden Degustationsmenüs bei Federica reserviere, war es höchst an der Zeit, eine kulinarische "Kontrollreise" nach Paradiso di Pocenia zu unternehmen. Das kleine, historische Borgo (ein ehemaliger Herrschaftssitz mit Stallungen, Kirche, Unterkünften und was sonst noch so dazu gehört) ist wahrlich nicht leicht zu finden. Erschwerend kam hinzu, dass es derzeit - von Morsano kommend - eine fiese Umleitung gibt, die einen in einen Nord-Süd-Konflikt der verkehrstechnischen Art schickt. Will heißen: Wir haben uns das ausgedehnte Pranzo (gedacht war an ein flottes, geworden ist daraus eine 3-Stunden-Tellergeschichte der friulansichen Art) vielseitigst verdient.
Das Ambiente verdient das Wort und noch zwei weitere dazu: Herzlichkeit und Verspieltheit im Detail. Ob es die Handschrift der Tochter ist, haben wir uns nicht zu fragen gewagt, könnte aber sein. Die Arbeitsaufteilung scheint logisch. Während sich Vater Aurelio um die hochwertigen Produkte (inkl. eigener Jagdarbeit) kümmert, sind die Damen für Gerichte und Geschichten am Tisch zuständig. Es ist eine wahre Freude, Federica bei der Vorstellung der zu erwartenden Gerichte zu lauschen, eine Rezitieren aus der friulanischen Küchenrezeptur sondergleichen.
Nach absolvierten Salute di Cucina starten wir mit Prosciutto Crudo vom Wolff aus Sauris (24 Monate gereift), der im Hause noch ein ganz klein wenig geräuchert und damit eine nochmals verfeinerte Note bekommt. Zeitgleich serviert man uns mit frischestem Ricotta und Zucchinistücken gefüllte Zucchiniblüten an einem Zucchinipesto gaumenfreundlich assistiert von einem Zucchiniflan. Ein erstes Glas Friulano (Eigenabfüllung aus dem Collio) zaubert ein erfreutes Genussgrinsen auf unsere Lippen - was für ein Start!
Im Primobereich überzeugt sowohl die Pastavariante, wie auch die handgerandelten Cjalsons. Erstere wird in Form einer sommerlichen Raviolivariante mit Schafkäse-Zitronen Füllung in Basilkumsauce serviert. Die Cjalsons kommen unverschämt gschmackig mit kleinsten Pfirsichstücken im "Teigbauch" daher. In Butter geschwenkt und mit Mandelsplittern, Amarettosaucerl und Zimt gekrönt - ein Gedicht. Wäre dieses Lokal schon zu Rilkes Zeiten eines gewesen, hätte er diesem Gericht wohl eine Elegie gewidmet und sich des schönen Sommertages lyrisch erfreut.
Bei den Secondi entscheiden wir uns für in Niedrigtemperatur gegartes Milchschweinderl und ein ebenso behandeltes Coniglio mit Taggiasca Oliven. Beilagisch werden Paprikawürferl und ein Kartoffel/Parmesangratin gereicht. Zarter geht nicht, wirklich nicht. Wenn Messer widerstandslos durchs Fleisch gleiten und dieses Schnittgut durchs kleine Safterl gezogen Richtung Gaumen startet, dann ist man dem Paradies ein gutes Stück näher gekommen! Bei derartig großartigen Gabelgeschichten vergisst man beinahe auf die Erwähnung der gekonnten und geglückten Weinbegleitung mit allesamt heimischen, regionaltypsichen Weinen - vom Prosecco bis hin zum Süßwein.
Man braucht wohl nicht zu erwähnen, dass die Herrschaften auch beim Dessert nix mehr anbrennen lassen (Millefoglie alla Crema, hausgemacht mit Erdbeerspiegel, sowie ein Cremoso ai frutti esotici con gelato al pistacchio) und mit einem Caffè in gewohnt italienischer Art ausservieren. Spiel, Satz und Sieg und ein herzliches Dankeschön an die Küche und Service im Paradies. Womit klar ist, dass ich hier auch in Zukunft meine Kunden am wunderschön dekorierten Tisch wissen will.
Trattoria Al Paradiso
Via Sant`Ermacora 1
33050 Paradiso di Pocenia
Wir haben im 20 km entfernten Borgo dei Conti della Torre gewohnt, eine Kombi die ich nur empfehlen kann. Dazu könnte man die eine oder andere Degustation (Wein, Olivenöl, Prosciutto ...) oder eine Führung durch die gar nicht so ferne Strada del Prosecco kombinieren, oder eine durch Spilimbergo mit Besuch der Mosaikschule, oder ...
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